AddKnit - 3D-Stricken als additives Fertigungsverfahren für die Textilindustrie – Entwicklung eines Vorgehensmodells (Schlussbericht IGF 21996 N)

Im Rahmen des Projekts wurde ein Vorgehensmodell zur Entwicklung individualisierter Gestricke entwickelt. Ausgehend von einem definierten Anforderungsprofil deckt es alle Schritte zum gestrickten Produkt ab. Herzstück des Vorgehensmodells ist der Addknit-Strick-Algorithmus.

Das Anforderungsprofil umfasst alle zur Charakterisierung des fertigen Produkts notwendigen Eigenschaften. Zur Umsetzung wird eine Aufteilung in physikalische Eigenschaften der Fläche und Eigenschaften des 3D-Modells (Geometrie) vorgenommen. Die Flächeneigenschaften werden durch Auswahl von Materialmischung und Bindung berücksichtigt. Die Maschengröße hängt von Material und Bindung ab und wird im Vorgehensmodell durch Materialtests bestimmt.

Zur Umwandlung des 3D-Modells in ein Strickjacquard welches von der Strickmaschine verarbeitet werden kann wurde im Projekt ein Algorithmus entwickelt, für den die Maschengröße den wesentlichen Parameter darstellt. Die Ausgangsbasis für die 3D-Modelle können gescannte oder CAD-generierte 3D-Modelle sein. Diese 3D-Modelle müssen auf die zu strickende Oberfläche reduziert und gegebenenfalls angepasst werden. Parameter wie Dehnung, Dicke und Festigkeit werden über das 3D-Modell berücksichtigt. In der graphischen Benutzeroberfläche der Addknit-Software wird das 3D-Modell des zu strickenden Körpers geladen und die Randbedingungen gesetzt.

Der Strick-Algorithmus ist in der Entwicklungsumgebung Matlab realisiert. Er erzeugt ein Strickjacquard, welches mit Software-Interpretern verschiedener Maschinenhersteller zu Strickprogrammen umgewandelt werden kann. Hierfür wird einmalig für jede Strickoperation ein Symbol bzw. Farbe im Strick-Algorithmus definiert und im Interpreter entsprechend angelegt. Das Strickprogramm wird auf die Flachstrickmaschine geladen und mit der passenden Garnbestückung abgestrickt.

Das resultierende Gestrick wird nach den Vorgaben im Anforderungsprofil ausgerüstet und auf systematische Fehler wie Löcher oder Maschenanhäufungen geprüft. Ebenfalls wird die Passgenauigkeit des Produkts im Vergleich zum Ausgangs-3D-Modell überprüft. Hierfür können optische Verfahren, wie vergleichende 3D-Scans, eingesetzt werden.

Das Vorgehensmodell ermöglicht es Maschenwarenherstellern, ausgehend von beliebigen 3D- Modellen und unter Nutzung des Addknit-Strick-Algorithmus, effizient und nachhaltig individualisierte Produkte zu erzeugen. Der Entwicklungsaufwand und die Entwicklungsdauer werden deutlich reduziert. Der Ressourceneinsatz von Maschinen und Material wird optimiert, da Iterationen zwischen Modellen und Strickprogrammen, also Strickversuche an der Maschine, reduziert werden. Damit einher geht auch eine Reduzierung des Abfalls. Außerdem kann durch Verarbeitung komplexer 3D-Modelle zu Strickprogrammen der Innovationsgrad bei der Produktentwicklung erhöht werden.

In Produktbereichen, bei denen der Aufwand der Produktentwicklung im Verhältnis zur Produktionsdauer groß ist, besteht ein erhebliches Potenzial zur Kosteneinsparung bei der Entwicklung. Das betrifft vor allem Kleinserien und individualisierte Gestricke. Dies erlaubt eine kundenindividuelle Fertigung von technischen und medizinischen Textilien sowie Funktions- und Sportbekleidung. Bisher wurden diese Märkte überwiegend mittels Mass-Customization bedient. Vor allem im Bereich der medizinischen Textilien erlaubt diese Individualisierung bessere Behandlungsmöglichkeiten.

54 Seiten, 43 Abbildungen

Bearbeitungszeitraum:

01.09.2021 – 31.12.2023

Autoren:

Konrad Pfleiderer
Pouria Arfaiee
Dr.-Ing. Thomas Fischer
Alexander Mirosnicenko
Uwe Röder
Dr.-Ing. Sibylle Schmied

Forschungsstelle:

DITF – Zentrum für Management Research

Erschienen:

18.04.2024

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