Die Rückgewinnung von Fasern aus Alttextilien wird meistens durch das mechanische Reißen dieser erzielt. Verbunden damit ist jedoch in den meisten Fällen eine Faserschädigung, was bedeutet, dass die Fasern eingekürzt werden. Dies macht sich letztendlich im gesamten Spinnprozess negativ bemerkbar. Die kurzen Fasern werden schon im Vorwerk der Spinnerei vermehrt an den jeweiligen Reinigungsstellen ausgeschieden, was zu einem großen Faserverlust führt. Auch bei ausgesponnenen Garnen, ist durch die kurzen Fasern die eingebunden sind, bei den dynamometrischen Werten ein deutliches Defizit festzustellen. Andererseits müssen die Alttextilien in der Reißerei einer bestimmten Aggressivität durch Sägezahngarnituren und anderen mechanischen Elementen ausgesetzt werden, damit diese möglichst als Fasern und nicht als Flächen oder Garnstücke vorliegen. Garnstücke oder Flächen verursachen bei der Verarbeitung zu Garnen Störungen die dann zu einem erhöhten Personalbedarf, schlechterer Qualität und einem erhöhten Energiebedarf führen. Deshalb besteht die Möglichkeit über bestimmte Parameter und mechanische Ausführungen am Reißwolf den Auflösegrad der Alttextilien zu beeinflussen.
Um diese Parameter exakt auslegen und verbessern zu können, war die Klassifizierung der vorhandenen Reißmaterialien notwendig. Dazu wurde eine Prüfroutine entwickelt die notwendig war, da sich im gerissenen Material noch immer Garnstücke befanden welche die Faserlängenmessung verfälschen, da Garnstücke immer länger sind als die Fasern selbst. Die zur Analyse ausgewählten Faserproben wurden über das MDTA-4 Messgerät vorbereitet, so dass keine Garnstücke mehr vorhanden waren und die Fasern in die Klemmen zur Vorlage in die Faserlängenmessgeräte eingelegt werden konnten. Des Weiteren wurden die gesamten gerissenen Materialien, speziell die recycelten Aramidfasern klassifiziert. Bei den Baumwollfasern war eine Klassifizierung nur bedingt möglich da diese zu kurz sind bzw. eine zu starke Kräuselung aufweisen. Zur Klassifizierung wurde die Faserlängenmessung, Auflösearbeit, die Erfassung der noch nicht aufgelösten Bestandteile und deren Detektierung herangezogen.
Die ermittelten Kennwerte wurden anschließend mittels einer Bewertungsmatrix welche einen gewichteten Mittelwert ergab ausgewertet. Somit stellte diese Rohstoffklassifizierung ein ideales Werkzeug dar, um den Reißprozess zu optimieren und auch das zur Ausspinnung geeignetste Material zu finden. Diese Materialien wurden zu Ring- und Rotorgarn verarbeitet. Die Aramidfasern wurden zu 100% ohne Beimischung, die Baumwollfasern in Mischung von 80% Gutfasern und 20% Rezyklat versponnen. Um die Ausspinnungen durchführen zu können, wurden zuvor die optimalen Einstellungen ermittelt und die geeigneten Spinnmittel eingesetzt. Die ausgesponnenen Garne wurden auf Schautafeln gewickelt, visuell auf Gleichmäßigkeit beurteilt und anschließend zu Gestricken verarbeitet.
In diesem Vorhaben konnte ein optimaler Weg zur Rohstoffklassifizierung definiert werden. Dies führte dazu, dass die Reißerei mit den besten Einstellungen und Parametern zur Faservereinzelung der verwendeten Alttextilien ausgestattet werden konnte. Des Weiteren können mit Hilfe der Klassifizierungsmethode die optimal gerissenen Textilien ermittelt werden und die notwendigen Verarbeitungseinstellungen in der Spinnerei vorgenommen werden. Herauszuheben ist, dass es gelungen ist die Aramidrecyclingfasern zu 100% zu verarbeiten, was speziell bei diesen teuren Fasern zu einem enormen Einsparpotential und zu einem wesentlichen Beitrag bzgl. Nachhaltigkeit führt. Das Ziel des Forschungsvorhabens wurde erreicht.
59 Seiten, 30 Abbildungen, 14 Tabellen
Bearbeitungszeitraum:
01.01.2021 – 31.12.2022
Autoren:
Dipl.-Ing. (FH) Markus Baumann
M. Sc. Johannes Leis
M. Sc. Stephan Baz
Theo Grün
Dipl.-Ing. (FH) Gabriele Wörner
Prof. Dr.-Ing. Götz T. Gresser
Forschungsstelle:
DITF – Institut für Textil- und Verfahrenstechnik
Sächsisches Textilforschungsinstitut e.V. (STFI)
Erschienen:
31.03.2023